Wenn es im Warenausgang eng wird

Ein Liefertermin bedingt auch, dass die Ware gebraucht wird

Oliver Schaeben
Oliver Schaeben, Geschäftführer mediasecur Beratungsgesellschaft mbH

Beim Wort „Liefertermin“ denken Druckereien in der Regel sofort an Verpflichtungen, Prozesse, die glatt laufen müssen und die unbedingte Einhaltung des Termins, zu dem die Produkte beim Kunden vorliegen müssen. In Zeiten von Material-Knappheit, eingeschränkten Transportwegen und Containerschiffen, die auf der Nordsee vor sich hindümpeln, weil sie in den Häfen nicht gelöscht werden können, wird aber auch umgekehrt ein Schuh daraus. Von Oliver Schaeben.

Was, wenn der Kunde der Druckerei die Ware (noch) gar nicht gebrauchen kann, weil die Artikel, die damit bestückt werden sollen, gar nicht zur Verfügung stehen? Von Fall zu Fall sind das Kleinigkeiten, wenn ein paar Paletten ein paar Tage länger in der Druckerei warten müssen. Aktuell häufen sich aber die Fälle, in denen es im Warenausgang der grafischen Betriebe richtig eng wird – was tun?

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Produktion gerät ins Stocken

 In Branchen wie der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau sind „Just in Time“-Produktionen gang und gäbe. Dort gibt es kaum noch größere Lagerkapazitäten, weil das Material, das zur Herstellung gebraucht wird, binnen kürzester Zeit zum Endprodukt verbaut ist. Gleiches gilt in weiten Teilen der Lebensmittel- und der Pharmaindustrie. Nun passiert es aber immer häufiger, dass Produktionen ins Stocken geraten, weil einzelne Komponenten und Zutaten nur mit erheblicher Verzögerung eintreffen. Für die Druckindustrie bedeutet dies, dass auch Etiketten und Verpackungen mit entsprechender Verzögerung abgerufen werden. Der vereinbarte Liefertermin mit dem Kunden wurde zwar eingehalten, aber selbiger kann die Produkte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gebrauchen.

Einfach stehen lassen?

Wie ist das in einem Betrieb geregelt, wenn die 130.000 Etiketten fertig zur Abholung sind, die dazugehörigen Tuben aber noch im Hafen von Shenzen/China liegen und sich das Ganze um ca. sechs Wochen verzögern wird. Im Einzelfall kann man das unter „Service“ verbuchen und die Paletten wie beschrieben einfach noch ein wenig stehen lassen. Aber irgendwann wird es dann halt auch eng.

Vereinzelt reagieren Druckereien sehr kreativ auf solche Staus, mieten einfach externe Lagerflächen an, wenn der Kunde seine Waren noch nicht abholen kann, aber hier entstehen natürlich auch Kosten. Dieser Punkt sollte in den Allgemeinen Bearbeitungs- und Lieferbedingungen der Druckerei explizit geklärt sein.

Verfahren regeln

Sollte sich die Lieferung der Ware an den Kunden aufgrund dessen eigener Kapazitäten verzögern, muss geregelt sein, wie mit der Ware verfahren wird, welche Kosten gegebenenfalls entstehen – und wer diese übernimmt. Ein Liefertermin darf also nicht nur die Verpflichtung des Herstellers zur Bereitstellung der fertigen Ware am Tag X sein, sondern muss auch die Verpflichtung des Abnehmers beinhalten, die Ware entsprechend am Tag X abzunehmen, respektive eine Frist, zu der die Ware spätestens abgeholt wird.

Fristen- und Lagerplan

Für die Druckerei empfiehlt sich ein Fristen- und Lagerplan, in dem genau geregelt ist, welche Mengen an Europaletten insgesamt für welchen Zeitraum im eigenen Lager aufbewahrt werden können. Hier muss sich aber auch eine Regelung dazu finden, was mit Ware passiert, die extern gelagert werden muss. Wie kommen die Paletten dort hin, wie sind dort die Fristen der maximalen Aufbewahrung – und welche Kosten entstehen dort pro Tag oder Woche. Diese Informationen helfen der Druckerei sowohl in der Kommunikation mit dem Kunden als auch mit der Kommunikation der eigenen Betriebsabläufe.

*Oliver Schaeben ist Geschäftsführer und Impulsgeber der mediasecur Beratungsgesellschaft mbH. Seit über 20 Jahren ist sein Unternehmen auf die Beratung von Druckerei-Betrieben, insbesondere aus dem Etiketten- und Verpackungs-Druck, in Sachen „wirksamer Schutz bei mangel- oder schadhaften Produkten“ spezialisiert