Die Wareneingangskontrolle oder „Ihr Kunde ist dann mal weg!“

Quelle: mediasecur

Ein Kommentar zur Mangelerkennbarkeit in der Wareneingangskontrolle von Oliver Schaeben*, Geschäftsführer, mediasecur Beratungsgesellschaft mbH, Frankfurt/Main.

Beim Stichwort „Wareneingangskontrolle“ müssen bei Ihnen als Verantwortliche in einer Druckerei alle Alarmglocken klingeln. Hier liegt der spätere Grundstein für jede Menge Ärger im Falle einer Reklamation Ihres Kunden. „Ich bin dann mal weg!“ bezieht sich an dieser Stelle im besten Fall auf Ihren Kunden – und im schlimmsten Fall auf Ihren Betrieb. Ja, das hat Potenzial bis hin zum Ruin einer Druckerei. Sie meinen, ich übertreibe?

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Die Fastpleite

Es war die Premiere im Jahr 2008, als ein einziger Satz, eine einzige Klausel in einer Qualitätssicherungsvereinbarung zwischen meinem Kunden, einer süddeutschen Etikettendruckerei, und deren Industriekunden diese Druckerei beinahe ruiniert hätte.

Es war eine Formulierung, in der u.a. die wechselseitige Wareneingangskontrolle über den rechtlichen Rahmen hinaus vereinbart worden war, und die nun die Existenz meines Kunden bedrohte. Warum? Weil der Versicherer nicht leisten wollte – und zwar zu Recht! Ja, dies bedrohte nun ganz fundamental den Weiterbestand des Familien-Betriebes.

Leider kein Einzelfall

Rund 90% aller mir bekannten Qualitätssicherungsvereinbarungen von Industriekunden der Druckindustrie enthalten vertragliche Regelungen, in denen diese ihre eigene Pflicht zur Wareneingangskontrolle auf Sie als Zulieferanten abwälzen.

Schnell bewiesen durch ein brandaktuelles Beispiel

Ein großer Industriekonzern im Baumaschinenbereich behält sich vor, die Prüfung der Produkte, die Ihre Druckerei geliefert hat, auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Verarbeitung in seinem eigenen Haus hinauszustrecken. Das heißt: wenn eine fehlerhafte Produktion aus Ihrem Betrieb bei Ihrem Kunden erst nach Wochen oder Monaten auffällt, dann haben Sie den Joker „Wareneingangskontrolle beim Kunden“ schon längst nicht mehr in Ihrem Blatt.

Originalwortlaut: Eingangsprüfung Maschinenbauer

Soweit die Parteien nicht etwas anders vereinbart haben (z.B. durch einen dokumentierten Prüfverzicht), werden die durch Etikettendruck Mustermann an Maschinenbauer gelieferten Erzeugnisse durch Maschinenbauer nur auf Stückzahl, Identität sowie auf offensichtliche Mängel hin überprüft.
Mängel werden unverzüglich angezeigt, sobald sie nach den Gegebenheiten des ordnungsgemäßen Geschäftsablaufes festgestellt wurden. Insofern verzichtet Etikettendruck Mustermann auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge
.

Achtung: Bei marktüblichen Haftpflichtverträgen von Druckereien – und ich kenne nun wirklich viele – müssen die Versicherer im Schadenfall nicht leisten. Deren rechtssichere Begründung lautet: Ihr Kunde ist schuld!

Hier bestehen Versicherer einfach darauf, dass Ihr Kunde den Mangel in der Wareneingangskontrolle hätte erkennen müssen – und insofern zumindest eine Mitschuld am Schaden trägt. Das klären die zuständigen Stellen in der Versicherung auch direkt mit Ihrem Kunden. Absolut tödlich für Ihre Kundenbeziehung – oder?

Oliver Schaeben Mediasecur Porträt*Oliver Schaeben ist Experte für Haftungs- und Versicherungsrisiken im Etiketten- und Verpackungsdruck (Quelle: mediasecur)