Ökologie & Nachhaltigkeit

LED-UV und die Entwicklung der Druckfarben heute und in Zukunft

Siegwerk arbeitet u.a. an kreislauffähigen Farblösungen, für ein effizienteres und qualitativ besseres Recycling von Shrink Sleeves (Quelle: Siegwerk)
Siegwerk arbeitet u.a. an kreislauffähigen Farblösungen, für ein effizienteres und qualitativ besseres Recycling von Shrink Sleeves (Quelle: Siegwerk)

 

 

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LED-UV birgt großes Potenzial hinsichtlich Ökologie, Wirtschaftlichkeit und Produktivität, und gehört damit zu den Wachstumsmotoren am Druckmarkt. Was genau sind die Vorzüge der Technologie? Welche Herausforderungen bestehen und was bedeutet dies für die Entwicklung von Druckfarben?- von Hansruedi Nef

Gemäß der im Jahr 2013 von den Vereinten Nationen vereinbarten „Minamata-Konvention“ gehört Quecksilber zu den Substanzen, die als umweltgefährdend eingestuft und deren Verwendung durch die RoHS-Richtlinie 2011/65/EU geregelt werden. Gleichwohl die Produktion sowie der Import und Export quecksilberhaltiger Produkte infolgedessen seit 2020 verboten ist, gilt für Quecksilberdampflampen in Druckmaschinen, wie sie für die klassische UV-Trocknung eingesetzt werden, bislang noch eine Ausnahmeregelung. So gibt es heute noch keine technische Alternative, die quecksilberhaltige UV-Bogenlampen zu 100% ersetzen kann. Mittel- bis langfristig droht der klassischen UV-Trocknung damit aber jederzeit ein Verwendungsverbot.

Bereits heute können quecksilberfreie LED-UV-Strahler für bestimmte Anwendungen eine Alternative zu den klassischen UV-Bogenlampen darstellen. Gleichwohl der Anteil von LED-UV in der Praxis noch im einstelligen Prozentbereich liegt, zeichnet sich seit Ende 2020 bereits eine Verdoppelung der nachgefragten Volumina und damit ein überproportionales Wachstum ab. Auch ohne ein Verbot von konventionellen UV-Strahlern in Druckmaschinen ist dabei abzusehen, dass der Anteil an LED-UV-Farben in den kommenden Jahren stark wachsen wird. So setzen doch immer mehr Druckereien unabhängig von dem angewendeten Druckverfahren die LED-UV-Technologie ein.

Die Vorzüge von LED-UV liegen klar auf der Hand

Im Gegensatz zu herkömmlichen UV-Strahlern mit Quecksilberdampflampen emittieren LED-Dioden nur Licht eines eng begrenzten Spektralbereichs, wobei die sehr energiereiche IR-Strahlung sowie die gefährliche UV-B- und UV-C-Strahlung vermieden werden. Neben der Energieeffizienz und der bis zu 10-mal längeren Lebensdauer von quecksilberfreien LED-UV-Lampen ist zudem von Vorteil, dass kein Ozon generiert wird und demnach auch keine Absaugung vonnöten ist. Außerdem steht bei einem LED-UV-System die UV-Leistung augenblicklich nach dem Einschalten zur Verfügung; es ist somit keine Aufwärmphase erforderlich. Die geringe Wärmeentwicklung von LED-UV-Strahlern ermöglicht dabei die Verarbeitung wärmeempfindlicher und dünnerer Substrate, während sie zu einer geringen Raumerwärmung führt und damit nur eine geringe Rückkühlung in Drucksälen erfordert.

LED-UV-Strahler weisen eine konstante Strahlungsintensität auf, was das Druckergebnis und die maximal mögliche Druckgeschwindigkeit maßgeblich beeinflusst. Aufgrund der langwelligen LED-UV-Strahlung ist üblicherweise eine optimalere Penetration des Farbfilms festzustellen, was sich positiv auf die Durchhärtung speziell von migrationsarmen Farben auswirkt. Auch kann durch diese ausgeprägte Tiefentrocknung in vielen Fällen eine bessere Haftung erzielt werden. Generell bietet die LED-UV-Technologie im Vergleich zur konventionellen UV-Trocknung somit nicht nur ressourcenschonende und effizienzsteigernde Vorteile, sondern auch eine erhöhte Prozesssicherheit durch kontrollierte Farbtrocknung. Gleichwohl die Investitionskosten für LED-UV zwar höher sind, so kommt die Technologie jedoch insgesamt mit geringeren Kosten (Total Cost of Ownership) daher.

Bei einer Wellenlänge von >400nm wird Licht sichtbar, alles darunter zählt als ultraviolettes Licht (Quelle: Siegwerk)
Bei einer Wellenlänge von >400nm wird Licht sichtbar, alles darunter zählt als ultraviolettes Licht (Quelle: Siegwerk)

Herausforderungen von LED-UV

Das schmalbandige, auf den UV-A-Bereich begrenzte Emissionsspektrum von LED-UV-Strahlern erzeugt ein monochromatisches, fast sichtbares Licht. Aus diesem Grund müssen LED-Farben und -Lacke hochreaktiv sein, was die Farbstabilität zur größten Herausforderung werden lässt. Denn hochreaktive Farben reagieren gleichzeitig auch sehr sensibel auf Umgebungseinflüsse wie z.B. Tageslicht, Sauerstoff oder hohe Temperaturen. Darüber hinaus steht nur eine limitierte Auswahl an Rohstoffen zur Entwicklung von LED-UV-härtenden Farben und Lacken zur Verfügung, die sich überhaupt für das monochromatische LED-UV-Spektrum eignen. Entsprechende Photoinitiatoren tendieren dabei zu starker Vergilbung, was sich besonders bei transparenten Systemen wie Überdrucklacken negativ auswirken kann. Mit adäquaten Maßnahmen, wie z.B. der Schönung bei Überdrucklacken, lässt sich diese Vergilbung jedoch auf ein akzeptables Maß reduzieren.

Auch wenn die geringe Wärmeentwicklung von LED-UV-Strahlern zwar die Verarbeitung wärmeempfindlicher Drucksubstrate ermöglicht, so beschleunigt die hohe Temperatur konventioneller Quecksilberdampflampen hingegen die chemischen Prozesse wie die Polymerisation zur Trocknung von UV-Farben und -Lacken. Somit ist es bei der Nutzung von LED-UV von zentraler Bedeutung, dass Strahler, Druckprozess und eingesetzte Farben und Lacke optimal aufeinander abgestimmt sind, um eine bestmögliche Prozesssicherheit gewährleisten zu können. Bislang ist das Angebot geeigneter Druckfarben und Lacke für die LED-UV-Härtung noch recht limitiert, weshalb LED-UV noch nicht in allen Fällen eine Alternative zum konventionellen UV-Druck bieten kann. Eine stetig fortschreitende Erweiterung der Anwendungsbereiche wird Druckereien aber die Möglichkeit bieten, in Zukunft auch LED-UV-Farben für ihr gesamtes Auftragsspektrum einzusetzen.

Aufbau von LED-UV-Farben

Grundsätzlich bestehen LED-UV-Farben aus ähnlichen Komponenten wie konventionelle UV-Farben: Bindemittel, Oligo- und Monomere, Pigmente, Photoinitiatoren und Additive. Bei LED-UV-härtenden Systemen müssen diese entsprechend auf das monochromatische Spektrum abgestimmt und hochreaktiv formuliert sein, damit eine erhöhte Prozesssicherheit, insbesondere eine optimierte Durchhärtung der Farben, überhaupt gewährleistet werden kann. Mit guter Haftung sowie hoher mechanischer und chemischer Beständigkeit sind die Eigenschaften von LED-UV-Farben dabei ähnlich zu denen konventioneller UV-Farben.

Beim Handling von LED-UV-Farben ist vor allem darauf zu achten, dass man die hochreaktiven Farben vor Umgebungseinflüssen wie z.B. Tageslicht, Sauerstoff oder auch hohen Temperaturen schützt. So sollten beispielsweise Gebinde direkt nach Gebrauch wieder verschlossen werden. Des Weiteren kann sich eine zu niedrige Kühlwalzentemperatur negativ auf die Farbtrocknung auswirken, weshalb – verglichen mit UV-Bogenlampen – eine leicht erhöhte Kühlwassertemperatur anzuraten ist.

Das Potenzial von Dual-Cure-Systemen

Grundsätzlich können LED-UV-Farbsysteme sowohl mit LED-UV-Strahlern als auch mit UV-Bogenlampen gehärtet werden und gehören demnach zu den sogenannten Dual-Cure-Systemen. Aufgrund des emittierten Spektrums können konventionelle UV-Farbsysteme, die für Bogenlampen entwickelt wurden, hingegen nicht mit LED-UV gehärtet werden. Sie sind für den falschen Spektralbereich formuliert und damit schlichtweg im monochromatischen LED-UV-Bereich nicht reaktiv genug. Damit trägt die Kompatibilität von LED-UV-Farben und -Lacken mit beiden Trocknungssystemen maßgeblich zur Vereinfachung des Umstiegs von der konventionellen UV- auf die LED-UV-Technologie bei: Entscheidet sich ein Narrow-Web-Drucker z.B. aufgrund der hohen Anschaffungskosten dazu, nicht alle seine Maschinen gleichzeitig auf LED-UV-Systeme umzustellen, müssen damit nicht zwingend zwei unterschiedliche Farbsysteme bezogen und gepflegt werden.

Siegwerk – ein Pionier im Bereich LED-UV-Farben

Vor mehr als zehn Jahren waren es bereits die Farbspezialisten von Siegwerk, die als Erstes Farben abgestimmt auf das spezifische Strahlungsspektrum des LED-UV-Lichts vorführten. Sie waren es auch, die 2016 als Erstes migrationsarme LED-UV-Farben für das Bedrucken von Verpackungen sowie Etiketten im Lebensmittel- und Arzneimittelbereich auf den Markt brachten. Seither hat sich das Unternehmen unter Berücksichtigung neuer Rohstoffe und sich verändernder Bedürfnisse, wie z.B. der Leistungsfähigkeit von LED-UV-Strahlern, intensiv mit der Weiterentwicklung und Formulierung speziell von migrationsarmen LED-UV-Farben für den Lebensmittel- und Pharmaverpackungsdruck befasst.

Die UV- und LED-UV-Farb- und Lacksysteme des Unternehmens sind dabei kompatibel: So ist es beispielweise möglich, die Sicura Nutriflex LEDTec Farbserie, die erste migrationsarme LED-UV-Flexofarbserie für Lebensmittel- und Arzneimittelverpackungen, zu verdrucken und im Anschluss einen Überdrucklack der migrationsarmen UV-Serie Nutriflex aufzutragen und so eine Endtrocknung mit einem konventionellen UV-System durchzuführen. Erst kürzlich haben Tests darüber hinaus bestätigt, dass die LED-UV-Farben von Siegwerk als Dual-Cure-Systeme taugen. Hierfür wurde die Sicura Nutriflex LEDTec Farbserie auf derselben Maschine verdruckt und sowohl einmal mit LED-UV als auch einmal mit UV-Bogenlampen getrocknet – mit Erfolg. Sie eignen sich zur Trocknung mit beiden Systemen und können somit den schrittweisen Umstieg von UV auf LED-UV maßgeblich erleichtern und vorantreiben.

LED-UV und die Zukunft

Auch zukünftig wird Siegwerk weiter an der Entwicklung zukunftsweisender LED-UV-Farben und -Lacke arbeiten. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf hochreaktiven Systemen, die mit höchstmöglicher Geschwindigkeit und bei optimaler Prozesssicherheit verdruckt und ausgehärtet werden können, sondern ebenfalls einen Beitrag zur Verbesserung der Recyclingqualität von Verpackungen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft leisten können. Dabei geht eine höhere Druckeffizienz bereits mit dem Thema Ökologie und Nachhaltigkeit einher, so werden durch einen schnelleren Druck und weniger Ausschuss (Makulatur) grundsätzlich schon Ressourcen geschont.

Entwicklung der LED-UV-Leistung in W/cm2 (Quelle: Siegwerk)
Entwicklung der LED-UV-Leistung in W/cm2 (Quelle: Siegwerk)

Darüber hinaus arbeitet das Unternehmen gezielt an verschiedenen Projekten im Sinne der Kreislaufwirtschaft, um beispielsweise Shrink Sleeves effizienter und mit höherer Qualität recyceln zu können oder die Deinking-Eigenschaften der eigenen Farben weiter zu optimieren. In Zukunft ist es gut möglich, dass die LED-UV-Technologie mit anderen Technologien kombiniert wird oder aber neue Produkte entwickelt werden, welche sich mittels LED-UV-Strahlern aushärten lassen. Alles in allem sind LED-UV-Farben heute bereits ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg in Richtung einer nachhaltigen und kreislauffähigen Verpackungswirtschaft.

SICURA Nutriflex LEDTec
Siegwerks migrationsarmes Dual-Cure-System

  • geeignet für alle Typen von LED-UV-Etiketten- oder Verpackungsdruckmaschinen
  • geeignet für sensible Verpackungsanwendungen
  • minimale Geruchs- und Geschmackseigenschaften
  • ausgezeichnete Heißsiegelfestigkeit
  • geeignet zur Laminierung
  • silikonfrei

Was ist beim Handling von LED-UV-Farben zu beachten?

  • Gebinde nach Gebrauch direkt wieder verschließen, um eine Reaktion der Farben auf Umgebungseinflüsse zu verhindern (z.B. Tageslicht, Sauerstoff, hohe Temperaturen)
  • Kühlwassertemperatur im Vgl. zu UV-Bogenlampen leicht anheben, da eine zu niedrige Kühlwalzentemperatur sich negativ auf die Trocknung auswirken kann

Hansrüdi Nef, SiegwerkHansruedi Nef ist seit 25 Jahren in der Druck- und Verpackungsindustrie tätig. Nach abgeschlossener Berufsausbildung trat er 1996 seine erste Arbeitsstelle in der Entwicklung eines UV-Trocknungsanlagenbauers an. 2017 stieß er als Verantwortlicher für das zugekaufte Produkt-Portfolio zu Siegwerk, 2021 erfolgte die übernahm der Position des Produktmanager EMEA der Business Unit Narrow Web.