So sehe ich das!

Wir brauchen die besten und klügsten Köpfe

Anke Hoefer, Geschäftsführerin Top-Label, Alfeld/Leine (Quelle: Top-Label)
Anke Hoefer, Geschäftsführerin Top-Label, Alfeld/Leine (Quelle: Top-Label)

Anke Hoefer, Geschäftsführerin Top-Label, Alfeld/Leine, zu den drängenden Fragen für die Etikettenbranche vor der Bundestagswahl.

Dieser Beitrag entsteht Ende August 2021. Also gut ca. 4 Wochen vor einer der wichtigsten Bundestagswahlen, die unser Land nach 16 Jahren Merkel-Ära erlebt. Wir befinden uns seit gut 1,5 Jahren in den Fängen von Corona, glücklicherweise ist aber dank Impfungen Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Ein Erfolg der Wissenschaft, erfreulicherweise auch eines deutschen Unternehmens.

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Gleichwohl darf die Freude nicht über die offenbar gewordenen Defizite hinwegtäuschen, die z.T. seit Jahren verdrängt wurden und nun durch die Pandemie in den Fokus gerückt sind. Z.B. mangelhafte Digitalisierung sowie Überbürokratisierung. Beide spielen für die Infrastruktur unseres Landes eine herausragende traurige Rolle. Künstliche Intelligenz, Konnektivität, Iot, autonomes Fahren, Homeoffice – nur ein paar wenige Beispiele für die dringende Notwendigkeit zukunftsfähiger digitaler Versorgung.

Überbordende Bürokratie verteuert und behindert in hohem Masse zügige Planung und Ausführung nicht nur von Genehmigungs- und Bauvorhaben für die dringende Sanierung und den Neubau von Wohnungen, Strassen, Brücken, Bahnstrecken, Schulen, Gewerbebauten sondern hemmt Innovationen durch komplizierte Vorschriften und langwierige Verfahren.

Die letzte wirkliche Reform für dieses Land liegt mit der Agenda 2020 locker 20 Jahre zurück. Sie hat uns durch die Finanzkrise gerettet. In den letzten zehn Jahren brummte die Wirtschaft, die Steuereinnahmen erreichten Rekordhöhen. Geld spielte für alle möglichen Projekte und Nöte hier und in aller Welt keine Rolle. Leider wurde aber damit einhergehend in Deutschland eine unglaubliche Zukunftsvernachlässigung betrieben.

Keine wirklichen Reformen

Es gab und gibt keinerlei wirkliche Reformen, die sich den dringenden Problemen dieses Landes annehmen. Seit Jahrzehnten kann sich jeder ausrechnen, wann der demografische Wandel brutal zuschlägt. Politiker jeder Couleur schmücken sich mit düsteren Warnungen und der Aufforderung an die Wirtschaft, Sorge zu tragen, genügend auszubilden, um Fachkräfte auch in Zukunft zu sichern. Eine Idee, wie sie das Problem aber auch für die Sozialversicherungen, vor allem bei den Kranken- und Rentenversicherungen angehen, hat niemand, der wiedergewählt werden will, geäußert.

Außer Beiträge zu erhöhen und die Lasten auf Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen zu verteilen bei gleichzeitigem Stopfen der Löcher mit Steuergeldern. Wozu brauchen wir eigentlich in Deutschland über 100 Krankenkassen mit jeweiligen üppigsten Verwaltungen?

Wieso zahlen nicht längst auch Selbstständige einen Beitrag in die Rentenversicherungen ?

Wieso müssen Lehrer eigentlich verbeamtet sein (auch Berufsschullehrer)? Die Zeiten der Säkularisierung sind nun doch schon einige Zeit vorbei. Der Staat leistet sich einen Beamten- und Abgeordnetenstab, der sich in einer Eigendynamik immer weiter aufbläht. Allein die ständig wachsenden Landtage und auch der Bundestag sind ein echtes Ärgernis. Lt. Statista haben sich die Staatspensionen in den letzten 20 Jahren von 39,5 Mrd. (2000) auf 75,67 Mrd. im Jahr 2021 fast verdoppelt. Tendenz weiter steigend.

Wieso sind Verwaltungsreformen nicht durchgeführt worden ? Bildungsreform? Und Reform der Lehrerausbildung?

Wo sind die Reformen?

Was ist mit den immer wieder vollmundig versprochenen (Unternehmens-)Steuerreformen?

Neben dieser kleinen Auswahl gibt es aber noch den Klimawandel, Naturkatastrophen, deutlich uns schnell steigende Inflationsrate bei negativen Sparzinsen, Transformation in der Automobilbranche (ist es wirklich der richtige Weg, fast nur E-Mobilität zu setzen? Wo soll denn der zusätzliche Strom herkommen?), horrende und noch weiter steigende Energiepreise, die Deutschland zu einem zunehmend unattraktiven Produktionsstandort machen, eine überfällige Reform der EU,  Afghanistan, die plötzliche Erkenntnis, dass China keineswegs nur der Billigzulieferer ist, sondern auf einmal der große Konkurrent der EU beim Verkauf anspruchsvoller Industriewaren, auch und gerade in der EU, die Abhängigkeit von Asien bei der Versorgung unserer Unternehmen mit wichtigen Gütern, die damit einhergehenden Preissteigerungen, die neben vielen anderen auch die Etikettenbranche gewaltig trifft…

Die Realität – sieht so aus, dass in den Wahlprogrammen wenig Konkretes, dafür viel Blumiges zu finden ist. Die Realität – sieht so aus, dass sich in einem der wichtigsten Wahlkämpfe über absolute Nebensächlichkeiten wie Plagiate und persönliche Verfehlungen mehr gestritten wird als über Zukunftsvisionen und den Vorstellungen der Problemlösungen. Die Realität – sieht so aus, dass in Gesprächen, die ich zur Zeit erlebe, sehr häufig der Satz fällt: „Keine Ahnung, wen ich wählen soll“. Ratlosigkeit und die derzeitige Prognose auf drei 20-Prozent-Parteien. Italienische Verhältnisse.

In all dieser Gemengelage bräuchten wir die besten und klügsten Köpfe in der Politik – eine Kompetenzregierung. Losgelöst von persönlichem Ehrgeiz, innerparteilichen Macht- und Belohnsystemen sowie Proporz. PolitikerInnen, die sich der gewaltigen Aufgabe sehr bewusst sind und diese mutig, kraftvoll und höchst verantwortungsbewusst (im Wort Verantwortung liegt auch das Wort Antwort) zum Wohle der Zukunft des Landes anpacken.

So sehe ich das…