Ökologie & Nachhaltigkeit

Der Einstieg in die Circular Economy muss gelingen

Flexible Verpackungen sollten zunehmend aus Monomaterialien bestehen (Quelle: Syntegon)
Flexible Verpackungen sollten zunehmend aus Monomaterialien bestehen (Quelle: Syntegon)

Was kann die Branche dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck von Verpackungen und anderen Druckerzeugnissen zu minimieren? Matthias Klauser treibt als Fachreferent für nachhaltige Verpackungslösungen bei Syntegon, Waiblingen, Kreislaufprozesse voran. Hier erklärt er, warum diese Aufgabe komplexer ist als auf den ersten Blick erkennbar. Von Lisa Raphaela Grübl* 

Logo_Green-Label-Printing klein 200 pixel hochSyntegon schult die Beschäftigten seit Langem darin, Abfälle zu minimieren, umweltgerecht zu arbeiten und Ressourcen so effizient wie möglich zu nutzen. Alle Standorte arbeiten mit regionalen Entsorgern zusammen. Im Durchschnitt liegt die Recovery Rate von Syntegon-Werken bei 89 Prozent. In den deutschen Werken sind es deutlich über 90 Prozent. Bis 2030 hat man sich eine Recovery Rate von 99 Prozent zum Ziel gesetzt. Dafür arbeitet das Unternehmen mit einem Hamburger Start-up zusammen, das mit seinen Lösungen hilft, Stoffströme zu erfassen und datenbasiert zu managen. Daneben treibt die Syntegon-Konstruktion energieeffiziente, umweltgerechte Lösungen für die Kunden voran. Zudem bietet das Unternehmen Refurbishing-Pakete an, mit denen sich auch ältere Maschinen jederzeit auf den aktuellen Stand der Technik bringen und an neue Materialien anpassen lassen.

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Welche Lösungen für die Circular Economy bieten Sie Ihren Kunden an?

Matthias Klauser: Der Markttrend geht ganz klar zu nachhaltigen, recyclingfreundlichen Verpackungen. Damit unsere Kunden angemessen darauf reagieren können, rüsten wir unsere Verpackungstechnik vor allem für zwei Lösungen aus: Monomaterial anstelle von Verbundmaterialien sowie die Substitution von Kunststoffen durch Papier. Mit entsprechend funktionalisiertem Papier ist es möglich, auch sensitive Produkte zu verpacken. Allerdings sollte die Recyclingfähigkeit bei der Funktionalisierung erhalten bleiben. Dafür gilt es, Zusätze zum Papier gering zu halten. Bei flexiblen Verpackungen orientieren wir uns an den CEFLEX-Guidelines. Diese sehen den Einsatz von Polyolefinen (PE/PP) vor: wenn möglich als Monomaterial. Wo der klassische Verbund (PET/Barriereschicht/PE) ersetzt wird, müssen wir neue Prozesse aufsetzen, um den Geschwindigkeits- und Qualitätsanforderungen im Verpackungsmarkt weiterhin zu genügen.

“Wir arbeiten daran, die Vorteile zu erhalten und die Recyclingfähigkeit zu optimieren.”

 Klingt keineswegs trivial…

Matthias Klauser, Fachreferent für nachhaltige Verpackungslösungen bei Syntegon (Quelle: Syntegon)
Matthias Klauser, Fachreferent für nachhaltige Verpackungslösungen bei Syntegon (Quelle: Syntegon)

 Klauser: Wir kommen trotz der Herausforderungen gut voran und haben mittlerweile Technik für voll recyclingfähige Verpackungen im Portfolio: Das reicht vom Monomaterial-Kaffeebeutel über tiefgeformte Papierschalen für Lebensmittel oder Zahnbürsten hin zur Blister-Verpackung für Tabletten auf Papierbasis. Endverbraucher erkennen Papier eher als umweltfreundlich als Monomaterial-Kunststoffe. Dadurch gerät so mancher Ökobilanz-Vorteil aus dem Blick, den leichtere, recyclingfähige Kunststoffe bieten. Auch Verbunde haben Vorteile: Aufgrund der spezifischen Barriere-Eigenschaften gegen Wasser und Sauerstoff sind ihre Materialschichten oft dünner, was Material und Gewicht spart. Wir arbeiten daran, die Vorteile zu erhalten und die Recyclingfähigkeit zu optimieren.

Wie wirkt sich das Thema auf Ihre Forschung und Entwicklung sowie auf Kooperationen mit Ihren Kunden und deren Materiallieferanten aus?

Klauser: Die Packaging-Branche befindet sich am Übergang zwischen Findungsphase und Umsetzung. Materialhersteller forschen intensiv an Lösungen, die gut zu verarbeiten und zu recyceln sind, und dabei alle gesetzlichen Vorgaben für Lebens- und Arzneimittelverpackungen erfüllen. Bei der Suche nach zukunftsfesten Lösungen arbeiten wir eng zusammen. Wir bieten Herstellern von Verpackungsmaterial die Möglichkeit, neue Lösungen auf unseren Maschinen zu testen. Oft sind auch Verpackungshersteller und Markeninhaber eingebunden. Denn damit auf neue Lösungen umstellen, müssen diese von Tag 1 an im industriellen Prozess bestehen. Dafür werden wir als Maschinenbauer immer früher in F&E-Projekte und Umstellungsprozesse involviert. Und gerade kleineren Produzenten stehen wir beratend zur Seite, wenn es um die Einführung nachhaltiger Packaging-Lösungen geht.

“Wir machen unsere Anlagen zukunftssicher und legen sie darauf aus, unterschiedlichste Materialarten sicher verarbeiten zu können.”

Steigt die Nachfrage nach Ihrer Circular Competence weltweit?

Klauser: Tatsächlich steigt die Nachfrage weltweit, aber sie ist in Europa nach wie vor am stärksten. Auch von Branche zu Branche gibt es Unterschiede. Während globale Handelsketten und Lebensmittelanbieter mittlerweile sehr viel Wert auf nachhaltige Verpackungen legen und Umstellungen vorantreiben, die sie global ausrollen, ist beispielsweise die Pharmabranche zurückhaltender. Hier liegt der Fokus darauf, Medikamente sicher und gesetzeskonform zu verpacken.

Die Syntegon-Zentrale in Waiblingen – hier geht es um nachhaltige Verpackungen und Kreislaufwirtschaft (Quelle: Syntegon)
Die Syntegon-Zentrale in Waiblingen – hier geht es um nachhaltige Verpackungen und Kreislaufwirtschaft (Quelle: Syntegon) (Bild: www.peter-oppenlaender.de)

Umweltschutz ist oft regulatorisch getrieben. Sind die Rahmenbedingungen für den Einstieg in die Circular Economy richtig gesetzt?

Klauser: Bei allem, was sich Gesetzgeber überlegen, darf die Planungssicherheit für jene, die es am Ende umsetzen, nicht aus dem Blick geraten. Stimmige Kosten-Nutzen-Analysen sind gefragt, bevor Verbesserungsideen Eingang in den regulatorischen Rahmen finden. Für Unternehmen gibt es in der Circular Economy niedrig hängende Früchte, die mit wenig Aufwand umsetzbar sind und sichtbare Ergebnisse erzielen. Und es gibt technisch aufwändige, teure Maßnahmen, die kaum sichtbar sind und ihre tatsächlichen Vorteile erst noch beweisen müssen. Zugleich ist aktuell viel Forschung im Gange, was die Innovationsdynamik im Verpackungsmarkt treibt. Wir machen unsere Anlagen daher zukunftssicher und legen sie darauf aus, unterschiedlichste Materialarten sicher verarbeiten zu können. Für Außenstehende mögen Umstellungen auf neue Materialien einfach klingen. Doch sie sind hochkomplex und oft mit hohen Startkosten verbunden. Hinzu kommen teils widersprüchliche Zielsetzungen von gesetzgeberischer Seite. So stehen CO2-Reduzierung und Plastikmüll-vermeidung oft im Zielkonflikt zueinander. Fakt ist: Der Einstieg in die Circular Economy muss gelingen. Aber je tiefer man einsteigt, desto komplizierter wird es. Wenn sie beispielsweise Kunststoffe sortenrein trennen, ist damit noch nicht gesagt, womit sie bei der vorigen Nutzung in Berührung gekommen sind und inwieweit Kontaminationen drohen, wenn neue Produkte darin verpackt werden. Hier böte chemisches Recycling wahrscheinlich Vorteile.

*Lisa Raphaela Grübl studierte Germanistik und Politikwissenschaften. Die Schwerpunkte des Masterstudiums lagen auf: EU internal and external relations sowie governance and law. Seit Oktober 2019 ist sie für die Kommunikation, Marktforschung und Statistik des Fachverbands Druck- und Papiertechnik sowie für die Arbeitsgemeinschaft Additive Manufacturing (AG AM) zuständig.