Verpackungsgesetz und andere Vorgaben

Nachhaltige Etikettenlösungen sind gefordert

Quelle: Shutterstock

Kreislaufwirtschaft, neue EU-Vorgaben und wachsender Preisdruck verändern die Etikettenbranche grundlegend. Nachhaltige Materialien wie Papier gewinnen an Bedeutung, doch der Spagat zwischen Umweltfreundlichkeit, Funktionalität und Kosten bleibt herausfordernd. Die neue EU-Verpackungsverordnung macht recycelbare Etiketten ab 2030 zur Pflicht und setzt damit neue Standards für Hersteller und Verbraucher. Von Dr. Michael Has

Die Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungslösungen hat auch die Etikettenindustrie erfasst. Zwar waren 2021 noch 83 % der Verbraucher bereit, für umweltfreundlichere Lösungen mehr zu zahlen, doch dieser Anteil sank bis 2024 auf 64 %.

Anzeige

Das wird unterschiedlich interpretiert: Für die einen ist es ein Zeichen schwindenden Interesses, für andere ein Hinweis darauf, dass Nachhaltigkeit zunehmend als Selbstverständlichkeit statt Premiummerkmal gesehen wird. Dieser Wandel wird auch durch die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) gestützt, die ab 2030 recycelbare Verpackungen verpflichtend macht – was natürlich auch Etiketten betrifft.

Ein Zielkonflikt

Papierbasierte Etiketten gewinnen an Bedeutung, da sie als besonders umweltfreundlich gelten und sich gut in bestehende Recyclingprozesse integrieren lassen. Gleichzeitig stehen Hersteller vor einem Zielkonflikt: Nachhaltige Materialien wie Papier oder Monomaterialien müssen funktional bleiben – etwa hinsichtlich Barriereeigenschaften, Klebkraft oder Verarbeitbarkeit in Hochgeschwindigkeitsanlagen. Fälle wie die Diskussion um Papierstrohhalme bei Capri Sun zeigen, wie schwierig es ist, ökologische Ansprüche mit technischer Machbarkeit zu vereinen.

Seit 2020 setzt die Industrie zunehmend auf geschlossene Materialkreisläufe und Innovationen wie biobasierte Kunststoffe, wasserlösliche Klebstoffe oder abtrennbare Trägermaterialien. Lebenszyklusanalysen (LCAs) und der CO₂-Fußabdruck von Etikettenmaterialien rücken stärker in den Fokus. Trotzdem bleibt der Spagat zwischen Nachhaltigkeit, Funktionalität und Preis eine Herausforderung – auch weil Verbraucher heute deutlich preissensibler agieren. Greenwashing-Vorwürfe und die begrenzte Recyclingrealität bei Kunststoffetiketten sorgen zusätzlich für kritische Diskussionen innerhalb der Branche. Die Entwicklung nachhaltiger Etiketten bleibt also ein dynamisches Spannungsfeld – aber auch eine zentrale Zukunftsaufgabe.

Gesetzliche Vorgaben

In der Europäischen Union (EU) und in Deutschland existieren spezifische gesetzliche Regelungen für Verpackungen, die sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede aufweisen. Die in Bezug auf Nachhaltigkeit wesentlichen gesetzlichen Regelungen sind EU-Verpackungsverordnung (PPWR), Verpackungsgesetz (VerpackG), EU-Richtlinie über Einwegkunststoffe (SUPD – Single-Use Plastics Directive), REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals), Energieeffizienzrichtlinie (EED) und Ökodesign-Richtlinie, EU-Verordnung zu Verpackungsabfällen und Recycling (Abfallrahmenrichtlinie),  EU-Ecodesign-Verordnung (Verordnung (EU) 2021/341), Kreislaufwirtschaftspaket der EU, Verpackungsentsorgungs- und Rücknahmesysteme – wobei auch diese Liste lediglich einen Ausschnitt und kein Rechtskataster darstellt. Im Folgenden liegt der Fokus auf der PPWR und dem VerpackG.

Am 22. Januar 2025 wurde die neue europäische Verpackungsverordnung, bekannt als “Packaging and Packaging Waste Regulation” (PPWR), veröffentlicht und trat am 11. Februar 2025 in Kraft. Diese Verordnung ersetzt die bisherige Verpackungsrichtlinie und zielt darauf ab, die Umweltauswirkungen von Verpackungen zu minimieren. Warum Etiketten unter die PPWR fallen:

  • Die PPWR definiert „Verpackung“ sehr breit und zählt alle Bestandteile dazu, die notwendig sind, um ein Produkt zu schützen, zu transportieren, zu präsentieren oder zu identifizieren.
  • Etiketten erfüllen in der Regel mehrere dieser Funktionen: Sie identifizieren das Produkt, geben gesetzlich vorgeschriebene Informationen (z. B. Inhaltsstoffe, Haltbarkeit, Herkunft), dienen häufig auch dem Markenschutz und unterstützen die Logistik.
  • Somit gelten auch für Etiketten die Anforderungen an Recyclingfähigkeit, Materialeinsatz, Schadstofffreiheit und Design for Recycling, die die PPWR vorgibt.

Das bedeutet konkret für Etikettenhersteller:

  • Recyclingfähigkeit: Etiketten dürfen die Recyclingfähigkeit der Gesamtverpackung nicht beeinträchtigen. Z. B. können bestimmte Kunststoffetiketten auf PET-Flaschen den Recyclingstrom stören, wenn sie sich nicht ablösen lassen.
  • Materialkennzeichnung: In Zukunft wird die PPWR vermutlich klare Vorgaben machen, wie und wo Materialien gekennzeichnet sein müssen – auch auf Etiketten.
  • Monomaterial-Lösungen und wasserlösliche oder abtrennbare Kleber gewinnen dadurch an Bedeutung.
  • Designanforderungen: Die Etiketten müssen so gestaltet sein, dass sie den Recyclingprozess der Verpackung nicht behindern (z. B. durch metallisierte Druckfarben oder mehrschichtige Laminierungen).

Die Verordnung gilt ab dem 12. August 2026 verbindlich in allen Mitgliedstaaten.

Vorgaben umgesetzt

In Deutschland regelt das Verpackungsgesetz (VerpackG) seit dem 1. Januar 2019 das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die Verwertung von Verpackungen. Das Verpackungsgesetz (VerpackG) gilt auch für Etiketten, wenn diese Teil einer Verkaufsverpackung sind. Es setzt die Vorgaben der bisherigen EU-Verpackungsrichtlinie um und enthält spezifische nationale Bestimmungen, wie:

  • Registrierungspflicht: Hersteller müssen sich im Verpackungsregister LUCID registrieren.
  • Systembeteiligungspflicht: Beteiligung an dualen Systemen zur Sicherstellung der Rücknahme und Verwertung von Verpackungen.
  • Pfandpflicht: Einweggetränkeverpackungen unterliegen einer Pfandpflicht.

Mit Inkrafttreten der PPWR muss erwartet werden, dass das deutsche VerpackG entsprechend angepasst wird, um die neuen EU-weiten Standards zu erfüllen. Dies bedingt Änderungen in den bestehenden nationalen Regelungen, insbesondere hinsichtlich der erweiterten Herstellerverantwortung und der Recyclingvorgaben.

Unterschiede zwischen beiden Regelungen bestehen darin, dass die EU-Verordnung einheitliche Mindeststandards für alle Mitgliedstaaten festlegt, implementiert Deutschland strengere oder spezifischere Regelungen, die über die der EU-Vorgaben hinausgehen. Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang Deutschland zusätzliche Maßnahmen einführt oder bestehende Gesetze anpasst, um den neuen EU-Vorgaben gerecht zu werden.

Einige Etikettenmaterialien stehen durch neue gesetzliche Regelungen vor dem Aus oder werden eingeschränkt. Die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) sowie nationale Maßnahmen treiben diese Veränderungen voran.

  • Einwegplastik-Etiketten: Die EU-Plastikrichtlinie (SUPD) verbietet seit 2021 viele Einwegplastikprodukte. Auch Einwegplastik-Etiketten könnten zunehmend durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt werden.
  • Unrecycelbare Etiketten: Ab 2030 müssen alle Verpackungen, inklusive Etiketten, recycelbar sein. Etiketten aus schwer trennbaren Verbundmaterialien oder mehrschichtigen Folien geraten zunehmend unter Druck.
  • Mehrwegpflicht und Etiketten: Durch die Einführung der Mehrwegpflicht für Gastronomie könnten Plastiketiketten auf To-Go-Verpackungen reduziert oder ersetzt werden.
  • Styropor-Etiketten: Styropor-basierte Etiketten und Verpackungen, die schwer zu recyceln sind, könnten in vielen EU-Ländern verboten oder stark eingeschränkt werden.

Absehbare Entwicklungen

 Ab 2030 sollen Verpackungen kein absichtlich zugesetztes Mikroplastik mehr enthalten. Biologisch abbaubare Alternativen könnten durch neue Standards reguliert werden, um Greenwashing zu vermeiden. Mindest-Recyclingquoten für Verpackungen steigen kontinuierlich, was das Ende bestimmter Materialkombinationen bedeuten könnte. Insgesamt ist ein starker Rückgang von problematischen Einweg- und Verbundverpackungen zu erwarten, während nachhaltige Alternativen wie Mehrwegsysteme, Papierverpackungen oder Monomaterial-Lösungen gefördert werden.