Converting und Finishing – wohin geht die Reise?

Rotocontrol mit N610i von Domino, eine Hybridmaschine aus Digitaldruck und Finishing-Modulen Quelle: Rotocontrol
Rotocontrol mit N610i von Domino, eine Hybridmaschine aus Digitaldruck und Finishing-Modulen Quelle: Rotocontrol

Die deutliche Zunahme von Digitaldruckmaschinen zur Etikettenfertigung erzeugte einen wahren Boom im Bereich der Webfinishing-Anlagen. Führt nun die fortschreitende Entwicklung bei Digitaldruckmaschinen nun zum Abebben dieser Welle? Herbert Knott zur aktuellen Situation des Etiketten-Finishings und ein Blick in die Zukunft.

 Zunächst gilt es zu unterscheiden zwischen Converting und Finishing. Zu Converting zählt die Weiterbearbeitung der Etikettenbahn nach dem eigentlichen Druckvorgang und oft außerhalb der Druckmaschine. Minimal ist Converting das Schneiden der mehrnutzig gedruckten Etikettenbahn in Einzelrollen und das Ablängen auf die vom Kunden gewünschte Etikettenzahl. Converting kann aber auch eine weitreichende Qualitätskontrolle umfassen. Im Converting als nachgeschaltetem Arbeitsgang wird auch das Stanzen der Etikettenbahn in Einzeletiketten und das Entgittern erledigt.

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Finishing umfasst diverse Veredelungsschritte wie Folien-Heißprägen, Folien-„Kaltprägen“, Blindprägen, Schutzlackierung, Spotlackierung, Lackieren mit Struktur- oder Haptik-Lacken, Laminieren oder Kaschieren sowie Siebdruck. Dazu kommen Individualisierung, Personalisierung oder Nummerierung. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich der Begriff Converting für alle Bearbeitungsschritte, die an der Etikettenbahn nach der Druckmaschine vorgenommen werden, etabliert.

Weitere Einheit notwendig

Der Boom der Webfinishing-Maschinen hat mehrere Gründe. Die erwähnten Digitaldruckmaschinen für die Etikettenfertigung kamen samt und sonders als „stand alone“ auf den Markt. Eine weitere Einheit zur Weiterverarbeitung zu kundenfähigen Etiketten war notwendig, zumindest mussten die Etiketten gestanzt werden. Kleinrollenschneider und Kontrolleinrichtungen waren und sind in Etikettendruckereien vorhanden. Die Digitaldruckmaschinen waren aber auch nicht mit Veredelungstools wie Heißprägestationen, Flexodruckwerken zum Lackieren, Laminierstationen oder ähnlichem ausgerüstet. Deshalb werden diese Veredelungstools in einer Webfinishing-Anlage verbaut.
Nun können natürlich nicht nur im Digitaldruck hergestellte Etikettenbahnen, sondern auch solche aus konventionell druckenden Maschinen in Webfinishing-Anlagen veredelt werden. Der Vorteil der nachträglichen Veredelung ist, dass nicht jede Druckmaschine mit Veredelungstools ausgestattet werden muss. Das ist ein Kostenvorteil, wenn veredelte Etiketten nicht bei jedem Auftrag gefordert sind.

Licht und Schatten

Zu den „Schattenseiten“ der Webfinishing-Lösung zählt der höhere Materialbedarf für das Einrichten einer weiteren Maschine. Modernste Einrichtehilfen reduzieren zwar den Bedarf, bei der Komplexität komplett ausgestatteter Anlagen ist die Menge dennoch nicht zu verachten und jedes Infeeding erhöht zudem die möglichen Drucktoleranzen. Hinzu kommen, als wichtige Kenngröße, die zusätzlichen Personalkosten.

Printbar – eine entscheidende Erweiterung im Inkjet

Hersteller von Inkjet-Anlagen erzielen derzeit die größten Fortschritte was die innovativen Entwicklungen zur Ausweitung der Einsatzgebiete anbelangt. So werden Vierfarb- oder Siebenfarb-Inkjetanlagen mit einer Printbar ergänzt, mit welcher erstaunliche Effekte erzielbar sind. Beispiele mit überzeugenden Ergebnissen sind Gallus mit DEU, Konica Minolta mit MGI oder der Kurz DM-Jetliner. Damit aufgetragene Klebelacke für Folien-„Kaltprägung“ ersetzen Heißprägeanlagen wie auch Flexodruckwerke zur „Kaltprägung“.
Printbars erledigen das vollflächige Lackieren der Etikettenbahn ebenso wie die Applikation von glänzenden oder matten Spotlacken. Mit Printbars aufgebrachte Softtouch-Lacke generieren haptische Effekte, Printbars ermöglichen den Druck von Brailleschriften oder die Erzeugung von attraktiven 3-D Prägeeffekten.

War (und bleibt) das Haupteinsatzgebiet für Webfinishing-Anlagen die Weiterverarbeitung von auf Digitalmaschinen bedruckten Materialbahnen, so ist die rasante Entwicklung im Inkjetdruck auch der hauptsächliche Grund für einen erwartbaren Rückgang der Anzahl der zukünftig benötigten Anlagen.

Galt lange Zeit die Faustformel: zwei Digitalmaschinen beschicken eine Webfinishing-Anlage, so wandelte sich mit dem Aufkommen des Inkjetdrucks das Verhältnis auf drei Inkjet- zu zwei Webfinishing-Anlagen. Nun bieten bereits mehrere Hersteller Inkjetanlagen mit Druckgeschwindigkeiten von 100 m per Minute und sogar mehr. In solche Anlagen sollte zumindest eine konventionelle Stanzstation eingebaut werden. Der Einsatz einer Webfinishing-Anlage bietet dann keinen Vorteil.

Zumal auf dem Markt für weitergehende Veredelungsschritte bereits ein breitgefächertes Angebot von Hybridmaschinen existiert: Viele Hersteller konventioneller Druckmaschinen rüsten diese mit Digitaleinheiten aus und andererseits hängen Digitaldruckmaschinenhersteller mehr oder weniger aufwändig ausgestattete Finishing-Einheiten an die Druckanlage. Komplexe Hybrid-Maschinen entstehen, beispielsweise die Labelfire 340 von Gallus, die Kombination HP Indigo integriert in eine Digicon 3000 von AB Graphic, die Panorama von Nilpeter, die EF Symjet von MPS, die Rotocontrol DT 2.0 kombiniert mit der N610i von Domino oder die Digital Galaxie von SMAG. Eine Fülle von Veredelungsschritten wie Folienheißprägen, Folienkaltprägen, Blindprägen, Flexo-Spotlack, Kaschieren und Laminieren oder Siebdruck und selbstverständlich Stanzen ermöglichen Hybrid-Maschinen inline. Hinzu kommt die Möglichkeit der gleichzeitigen Individualisierung und Serialisierung. „Single pass“ erspart einen weiteren Bearbeitungsschritt und damit Zeit, Manpower und Material.

Nach wie vor großes Interesse

Klaus Nordlohne, Vertriebsleiter bei AB Graphic bewertet die Marktsituation zum Beispiel ähnlich: „Nach wie vor ist das Interesse an stand-alone Konfigurationen und sind damit die Zahlen für Webfinishing-Anlagen auf einem hohen Niveau. Besonders die Verarbeitungsprozesse Siebdruck, Folien-Heißprägung, digitales Folieren und Lackieren sowie Laserstanzen würden eine Inline-Digitaldruckmaschine der aktuellen Generation ausbremsen. Dazu würden die Rüstzeiten für hochwertige Beverage Label mit Heißprägung oder die Herstellung von Multilayern die Auslastung einer Digitaldruckmaschine merklich reduzieren, speziell bei kleinen und mittleren Auflagen. Nichtsdestotrotz liegt die Zukunft im Inline-Betrieb. Wir merken den spürbaren Trend und haben in der jüngsten Vergangenheit einen ansteigenden Auftragseingang für komplexe Inline-Konfigurationen verbuchen können. Insbesondere für Etiketten mit geringeren Anforderungen an die Veredelung und für höhere Auflagen.“

Entscheidungen am „point of sale“ fallen meist in Sekundenschnelle. Bei gleichwertigen Inhalten kommt der augenfälligen Verpackung größte Bedeutung zu. Der „Eyecatcher“ bewegt den Kunden zum Griff auf ein bestimmtes Produkt. Der anhaltende Trend zur vielfältigen Veredelung von Etiketten beruht auf dem ständigen Wettbewerb der Markenartikler um Marktanteile. Etikettenhersteller, die für diese Branche tätig sein dürfen, tun gut daran, möglichst die gesamte Palette der Veredelungen von Spotlack bis Folien-Heißprägung anbieten zu können. Die Frage, Veredelung inline oder im Webfinishing entscheidet sich an den Kriterien Geschwindigkeit der Druckmaschinen, Grad der gewünschten Veredelung, Lauflänge der Aufträge und Häufigkeit der Aufträge mit hohem Veredelungsgrad.

Veredeln – inline oder offline?

Für Etikettendrucker, die für die Food&Beauty-Branche tätig sind, ist die Erfüllung der immer umfänglicher werdenden Veredelungswünsche wie Laminieren, Kaschieren, Lackieren, Spotlack, Strukturlack, Heiß- oder Kaltprägen aber auch Individualisierung, Pflicht. Die Frage, ob Stanzen und Veredelung der Etiketten inline in Hybridmaschinen oder nachträglich in einer Webfinishing-Anlage erfolgt, wird zunehmend durch die hohen Laufgeschwindigkeiten der Inkjet-Maschinen zugunsten der Hybrid-Lösungen entschieden. Jedoch rechnet sich separates Veredeln – wegen der relativ hohen Rüstzeiten und eventuell verminderten Laufgeschwindigkeiten in den Druckmaschinen – für kleine bis mittlere Auflagen und bei einem hohem Veredelungsgrad doch. Und natürlich für all die Etikettendrucker, bei denen hochgradige Veredelung nicht „das tägliche Brot“ darstellt.