Interview „Frauen in der Etikettenbranche“ (9)

Frauen wurden lange in Bezug auf die Kompetenzen unterschätzt

Carolin Banerjjee, Mitinhaberin Norbert Rabe KG, Zwönitz
Carolin Banerjjee, Mitinhaberin Norbert Rabe KG, Zwönitz (Quelle: Norbert Rabe KG)

„In den vorwiegend „männlichen Branchen“, in denen ich gearbeitet habe, kommt es letztendlich auf die Qualität der Ideen an, die der einzelne Mitarbeiter einbringt, unabhängig ob dieser Mitarbeiter weiblich oder männlich ist.“ sagt Carolin Banerjjee, Mitinhaberin Norbert Rabe KG, Zwönitz im Gespräch mit Etiketten-Labels.

Bitte beschreiben Sie kurz Ihr Unternehmen und Ihre Position.

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Carolin Banerjjee: Ich bin Mitinhaberin der Norbert Rabe KG, einer 1986 gegründeten mittelständischen Industriedruckerei. Wir beliefern unsere Kunden in Zentraleuropa in kürzester Zeit mit individuellen Premiumhaftetiketten. Wenn Sie Ihre Waren des täglichen Bedarfs in deutschen Supermärkten beziehen, sind Sie höchstwahrscheinlich schon auf ein von uns gedrucktes Etikett gestoßen!

Wie kamen Sie zu der Position – Karriereleiter, Familienbetrieb, Übernahme o.ä.?

Carolin Banerjjee: Nach 15 Jahren Expat-Leben in fünf europäischen Ländern und verschiedenen Führungspositionen in großen Konzernen, haben wir als Familie beschlossen, in meine Heimat zurückzukehren und unserer unternehmerischen Berufung zu folgen. Als unsere Familienfreunde, das Ehepaar Rabe, einen Nachfolger für ihre Etikettendruckerei suchten, fühlte es sich an wie eine perfekte Ergänzung. Anfang 2018 haben wir die Übernahme abgeschlossen und damit die Weichen gestellt, das Unternehmen in die Zukunft zu führen.

Carolin Banerjjee: „Als Unternehmen sind wir ein gleichberechtigter Arbeitgeber - und stolz darauf, dass heute 48% unserer MitarbeiterInnen Frauen sind.“ (Quelle: Norbert Rabe KG)
Carolin Banerjjee: „Als Unternehmen sind wir ein gleichberechtigter Arbeitgeber – und stolz darauf, dass heute 48% unserer MitarbeiterInnen Frauen sind.“ (Quelle: Norbert Rabe KG)

Haben Sie eine Ausbildung in der Druckbranche gemacht oder sind Sie „Seiteneinsteigerin“?

Carolin Banerjjee: Die prägenden Jahre meiner Karriere verbrachte ich bei globalen Marktführern der Stahl- und Robotikindustrie. Obwohl ich vor Beginn meiner Tätigkeit in der Rabe KG keinen direkten Kontakt zur Druckindustrie hatte, habe ich viele einschlägige Erfahrungen in den Bereichen Einkauf, Personalwesen, Organisation von Geschäftsprozessen und Veränderungsmanagement sammeln können. Zusätzlich zu meinem Studium in Qualitäts- und Umweltmanagement bietet das eine perfekte Plattform, um dem Unternehmen bei der Bewältigung dieser interessanten Zeiten zu helfen, die vor allem von den Anforderungen an „Nachhaltigkeit als Mentalität“ in der Druck- und Verpackungsindustrie geprägt sind.

„Frauen wurden lange in Bezug auf die Kompetenzen unterschätzt, die sie in einen Arbeitsprozess bzw. eine Unternehmenskultur einbringen können.“

Thema Quote: Wie stehen Sie zu diesem Thema? Und welche Bedeutung hat die Quote in Ihrem Umfeld?

Carolin Banerjjee: Frauen wurden lange in Bezug auf die Kompetenzen unterschätzt, die sie in einen Arbeitsprozess bzw. eine Unternehmenskultur einbringen können. In den vorwiegend „männlichen Branchen“, in denen ich gearbeitet habe, kommt es letztendlich auf die Qualität der Ideen an, die der einzelne Mitarbeiter einbringt, unabhängig ob dieser Mitarbeiter weiblich oder männlich ist. Keine fortschrittliche Organisation kann es sich heutzutage leisten, zugunsten von Geschlechtsdiskriminierung Kompetenz außer Acht zu lassen, insbesondere angesichts des sich verschärfenden Wettbewerbs auf dem Arbeitsmarkt. Die Etikettenbranche ist keine Ausnahme. Da es sich allerdings um eine Leichtindustrie handelt und sich auf kreative Arbeit konzentriert, ist der relative Frauenanteil in der Belegschaft bzw. in den Führungsebenen im Vergleich zu anderen traditionellen Unternehmen wahrscheinlich höher. Ich bin allerdings der Meinung, dass immer die Person eine Stelle begleiten sollte, die für diese am besten geeignet ist, sowohl in den hard als auch in den soft skills, unabhängig von Geschlecht, sozialem Hintergrund, Hautfarbe oder Alter.

Haben Sie als Führungskraft/ Unternehmerin schon Erfahrung damit gemacht, dass Geschäftspartner oder Kunden nicht mit Frauen in Führungspositionen umgehen können?

Carolin Banerjjee: Das erinnert mich an meine frühen Arbeitsjahre als Projekteinkäuferin in der Stahlindustrie, als ich am Anfang der Preisverhandlungen regelmäßig mit der Sekretärin verwechselt wurde und sehr viele Kaffeebestellungen von Lieferanten entgegengenommen habe. Schnell wurde der Fauxpas aufgeklärt und nach peinlichen Entschuldigungen und herzlichem Lachen konnten die Verhandlungen beginnen. Seitdem ist es meine beständige Erfahrung, dass ich fair und entsprechend meiner Position und Kompetenzen behandelt werde. Ich bin bisher immer von meinen Geschäftspartnern akzeptiert worden und finde, dass es oft einfacher ist, Durchbrüche in Verhandlungen zu erzielen, da die grundlegende Atmosphäre erst einmal sehr freundlich und zuvorkommend ist.

Glauben Sie das die Vereinbarkeit von Familie und Karriere auch heute noch die Hauptschwierigkeit ist, Frauen in Führungspositionen zu sehen?

Carolin Banerjjee: Eines der wichtigsten und sensibelsten Themen, mit denen meines Erachtens alle Frauen konfrontiert sind, die sich für eine Karriere entscheiden, ist es, eine gesunde Balance zwischen Job und der Rolle als Elternteil zu finden. Als Mutter von zwei Kindern ist es fast unmöglich, beide gut zu füllen. Alle berufstätigen Mütter kennen den Moment, wenn sie mit ihren Kindern spielen, aber geistig bei der Arbeit sind – und die Kinder merken das. Immer. Daher ist es wichtig über Kompromisse mit allen Beteiligten offen zu reden, da diese zwangsläufig gemacht werden müssen. Meinen Kindern bringe ich Lebenswerte wie Verantwortung, Priorisierung, Belohnungsaufschub usw. bei, auch wenn das nicht immer einfach ist.

„Mit dem Generationenwechsel in der Rabe KG erfolgte natürlich eine Veränderung der Unternehmenskultur.“

Hat Ihre Führungsposition aus Ihrer Sicht etwas an der Unternehmenskultur geändert?

Carolin Banerjjee: Mit dem Generationenwechsel in der Rabe KG erfolgte natürlich eine Veränderung der Unternehmenskultur. Ich selbst bin sehr zahlenfokussiert. Die fehlende Erfahrung habe ich mit Analysen kompensiert – aus Bauchgefühl wurden datengestützten Szenarienmodelle. Wir fördern auch die Eigenverantwortung der Mitarbeiter, denn Kommando- und Kontrollführungsmodelle führen nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung der modernen Unternehmenskultur.

Carolin Banerjjee: "Als Teil der Unternehmenskultur möchte ich weiterhin dazu beitragen, meine Begeisterung für die Industrie mit anderen Frauen zu teilen." (Quelle: Norbert Rabe KG)
Carolin Banerjjee: “Als Teil der Unternehmenskultur möchte ich weiterhin dazu beitragen, meine Begeisterung für die Industrie mit anderen Frauen zu teilen.” (Quelle: Norbert Rabe KG)

Haben Sie in Ihrem Unternehmen ein spezielles Fortbildungsprogramm für Mitarbeiterinnen?

Carolin Banerjjee: Als Unternehmen sind wir ein gleichberechtigter Arbeitgeber – und stolz darauf, dass heute 48% unserer MitarbeiterInnen Frauen sind. In jedem Bereich, ob Druckvorstufe, Druck, Veredelung, Administration – haben wir Frauen. Es macht mir persönlich große Freude zu sehen, dass unsere Mitarbeiterinnen aktiv nach Lernmöglichkeiten suchen und ihren Mehrwert für das Unternehmen erweitern. Aber wir bieten allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen dieselben Weiterbildungsmöglichkeiten, geschlechterunabhängig.

Erfahren Sie Unterstützung von Ihren Kolleginnen/Mitarbeiterinnen im eigenen Unternehmen?

Carolin Banerjjee: Als weibliche Führungskraft habe ich mich immer stark von allen Mitarbeitern (sowohl weiblich als auch männlich) des Unternehmens unterstützt gefühlt, vor allem während meiner „Anlernzeit“ in der Etikettenindustrie. Meine Verbesserungsideen sind konstruktiv aufgenommen wurden und es gibt mir ein Gefühl der Zufriedenheit, eine der Katalysator*innen für den Transformationsprozess des Unternehmens zu sein.

Wo liegen Ihre Ziele für das Unternehmen in den nächsten Jahren und eventuell die Förderung von Mitarbeiterinnen.

Carolin Banerjjee: Als Teil der Unternehmenskultur möchte ich weiterhin dazu beitragen, meine Begeisterung für die Industrie mit anderen Frauen zu teilen und sie ermutigen, Führungspositionen zu besetzen und der Branche mit ihrer einzigartigen weiblichen Herangehensweise und Problemlösungsmethodik weiterhin einen Mehrwert zu verleihen.